Annette Scholl

Kapellengespräche

Themen der Gegenwart aus Kirche und Gesellschaft

Kirche ist auch ein gesellschaftlicher Diskursraum für Fragen der Gegenwart und für die ‚großen‘ Lebensfragen. Sie ist ebenfalls Impulsgeberin, wenn es zum Beispiel um die angemessene Würdigung historisch bedeutsamer Personen geht.

Die Kapelle der Kaiser-Wilhelm-Gedächtnis-Kirche, die neben dem Glockenturm auf dem Breitscheidplatz steht, lädt dazu ein, Themen der Zeit und der Theologie miteinander zu bedenken. Ein wertschätzender Austausch über durchaus auch kontroverse Fragen ermöglicht ein Stück Selbstwerdung des Menschen und ist damit ein urchristlicher Auftrag.

Seit vielen Jahren lädt die Kaiser-Wilhelm-Gedächtnis-Kirchengemeinde jeden ersten Dienstag im Monat zum Kapellengespräch ein; diese finden im Wechsel mit dem Podium zur Erinnerungskultur statt. Bei den Gesprächen in der Kapelle stecken Referent:innen den Diskursraum in einem Impulsvortrag ab. Im Anschluss folgt eine meist sehr rege Diskussion im Plenum, zu der alle Besucher:innen herzlich eingeladen sind.

Das Kapellenteam besteht zur Zeit aus Karin Döhne, Pfarrer i.R. Dr. Kurt Anschütz sowie Pfarrerin Dr. Sarah-Magdalena Kingreen. Wenn Sie Interesse haben, unser Kapellenteam zu unterstützen, freuen wir uns sehr; bitte schreiben Sie eine Mail an kingreen@gedaechtniskirche-berlin.de.

„Ein Gott in drei Personen“ - 1700 Jahre Konzil von Nicäa

8.7.2025, 19 Uhr, Kapelle der Kaiser-Wilhelm-Gedächtniskirche

mit PD Dr. Jonathan Stutz

Vor genau 1700 Jahren, im Jahr 325 n. Chr., fand im heutigen Iznik (damals Nicäa) das Erste Ökumenische Konzil statt – ein historisches Ereignis, das bis heute die Grundpfeiler christlicher Theologie prägt. Auf Einladung von Kaiser Konstantin kamen Bischöfe aus allen Teilen der damals christianisierten Welt zusammen, um zentrale Glaubensfragen zu klären und das berühmte Bekenntnis von Nicäa zu formulieren.

Dieses Konzil legte nicht nur den Grundstein für das christliche Verständnis von der Dreieinigkeit Gottes, sondern wurde zu einem richtungsweisenden Moment für die gesamte Christenheit – über Konfessionsgrenzen hinweg.

PD Dr. Jonathan Stutz nimmt Sie in seinem Vortrag mit auf eine Reise in diese spannende Zeit. Er erläutert die historischen Hintergründe, zentrale Beschlüsse und deren bleibende Bedeutung für den Glauben heute.

Herzliche Einladung zum Kapellengespräch!
Der Eintritt ist frei.

Wo geht es hin mit Kirche und Religion in Berlin? Neue Perspektiven zur Kirchenmitgliedschaft

Mit Dr. Edgar Wunder, 07.01.2025, 19 Uhr

Alle 10 Jahre wird die Kirchenmitgliedschaftsuntersuchung durchgeführt. Dieses Mal wurden 5.282 Kirchenmitglieder und Konfessionslose, darunter auch viele aus Berlin, befragt, wie sie zu Kirche und Religion stehen.

Welche Erfahrungen machen sie mit dem christlichen Glauben, der Kirche und ihrer Gemeinde. Welche Wünsche und Kritik haben sie?Sie gaben auch Auskunft zu ihrer politischen Haltung z.B. zu Fragen von Demokratie, Migration und Klima.

Die Ergebnisse sind überraschend und spannend, sie laden zu schonungslosen Analysen ein, die helfen die Zukunft der Kirche, auch der KWG in Berlin, zu gestalten.

Referent des Abends war Dr. Edgar Wunder vom Sozialwissenschaftlichen Institut der EKD in Hannover. Die EKD hat die Untersuchung in Auftrag gegeben.

Wie gefährlich ist die AfD wirklich?

Mit Dr. Hendrik Cremer, 03.12.2024, 19 Uhr

Die Gefahr, die von der AfD ausgeht, wird im öffentlichen Diskurs nicht ausreichend abgebildet. Die Partei wird verharmlost, indem sie etwa als „rechtspopulistisch“ bezeichnet wird. Dabei hat sie sich längst zu einer rechtsextremen Partei entwickelt. Ihre Ziele werden nur unzureichend thematisiert, ihre Gewaltbereitschaft wird regelmäßig ausgespart. Zugleich erzielt sie hohe Zustimmungswerte.

Hendrik Cremer zeigt in seinem Buch „Je länger wir schweigen, desto mehr Mut werden wir brauchen. Wie gefährlich die AfD wirklich ist“ eine Entwicklung, die angesichts der deutschen Geschichte lange nicht für möglich gehalten wurde. Die Strategie der AfD droht aufzugehen, wenn sich der Diskurs über und der Umgang mit ihr nicht grundlegend wandeln. Ein fundiertes Aufklärungsstück, um die Dimension des Angriffs auf die freiheitliche rechtsstaatliche Demokratie zu erkennen.

Im Kapellengespräch stellte Dr. Hendrik Cremer sein Buch vor und diskutierte im Anschluss mit dem Publikum.

Hendrik Cremer, Dr. jur., ist beim Deutschen Institut für Menschenrechte tätig. Zu seinen langjähren Arbeitsschwerpunkten gehören Rechtsextremismus und Rassismus. Er ist Autor zahlreicher wissenschaftlicher Publikationen und war schon häufig im Bundestag und in Landtagen als Sachverständiger geladen.

„Brich dem Hungrigen dein Brot“

Mit Francisco Mari (Brot für die Welt), 09.04.2024, 19 Uhr

Jährlich im Januar findet in Berlin die Grüne Woche statt. Hier werden auch viele Lebens- und Genussmittel aus Afrika, Asien und Lateinamerika vorgestellt. Dazu gehören Tee und Kaffee, Gewürze, aber auch viele Früchte und Gemüse. Aber wer weiß schon, dass Hähnchenfleisch im Supermarkt häufig aus Brasilien kommt? Der Krieg in der Ukraine hat uns gezeigt, wie anfällig der Handel mit Getreide sein kann. Wie verhält sich der globale Handel zur Beseitigung des Hungers in der Welt? Weltweit hungerten 2021 bis zu 828 Millionen Menschen und etwa 30% Prozent der Weltbevölkerung leben in Ernährungsunsicherheit.

Gleichzeitig sind mehr Menschen als je zuvor überernährt – längst ist von einer globalen „Adipositas-Epidemie“ die Rede. Wie können sich alle Menschen ausreichend und gesund ernähren? Was für eine Landwirtschaft brauchen wir? An welchen Stellen des Welternährungssystem muss etwas geändert werden? Zu diesen Fragen wird der Referent für Landwirtschaft von Brot für die Welt zum Gespräch in die Kapelle kommen.

Der Auftrag von Brot für die Welt bedeutet: mit den von Hunger und Armut Betroffenen das Brot zu teilen, ihnen neue Hoffnung ins Herz zu säen. Im Sinne des Menschenrechts auf angemessene Ernährung, bedeutet dies allen Menschen, die von Hunger und Armut betroffen sind, zu ermöglichen, sich wieder selbst mit angemessener Nahrung, zu versorgen. Dieses Menschenrecht ist zurzeit das am meisten verletzte Menschenrecht auf der Welt. „Brich dem Hungrigen dein Brot“ (Jesaja 58), bleibt daher eine Aufforderung von höchster Aktualität und Dringlichkeit.

"Mehr als die Frau an seiner Seite" - Kapellengespräch in Erinnerung an Tony Breitscheid (1878-1968)

Dr. Gisela Notz, 06.02.2024, 19 Uhr

Der Breitscheidplatz wurde 1947 nach dem von den Nationalsozialisten ermordeten Sozialdemokraten Rudolf Breitscheid (1874-1944) umbenannt. Mit dieser Veranstaltung erinnern wir an das politische Wirken seiner vergessenen Lebensgefährtin.

Seit 1901 engagierte sich Tony Breitscheid in der Frauenbewegung. Sie kämpfte für das gleiche, direkte und geheime Wahlrecht von Männern und Frauen. 1912 schloss sie sich der SPD an; sie engagierte sich in den sozialdemokratischen Frauenbewegungen, in der Friedensbewegung und schrieb für sozialistische Zeitschriften. 1933 musste sie fliehen, sie wurde 1941 von Frankreich an Deutschland ausgeliefert. Nach den Jahren im Konzentrationslager, die sie mit ihrem Mann teilte, emigrierte sie nach Dänemark.

Bei diesem „Kapellengespräch“ kann die Referentin Dr. Gisela Notz aufgrund eigener Recherchen erstmals das Leben und Wirken von Tony Breitscheid zusammenhängend darstellen.