Max Cramer
Blick durch ein neoromanisches Fenster der Turmruine Richtung Bikinihaus

Podium zur Erinnerungskultur

Gespräche rund um die Bedeutung von Geschichte und Erinnerung heute

Das Diskussionsformat "Auf den Punkt. Das Podium zur Erinnerungskultur" stellt das Nachdenken über Geschichte und die Bedeutung von Erinnerung aus ganz verschiedenen, interdisziplinären Perspektiven ins Zentrum. In diesem viertel-jährlich stattfindenden Format wird ein Gast zu einem Thema eine Stunde lang zu einem Gespräch eingeladen. Moderiert wird das Podium von Pfarrerin Dr. Sarah-Magdalena Kingreen.

Vorschau:

"Worin wurzelt unsere Demokratie, Herr Nolte?“
Dienstag, 04.06.2024, 19 Uhr in der Kapelle auf dem Breitscheidplatz
Prof. Dr. Paul Nolte im Gespräch mit Pfarrerin Dr. Sarah-Magdalena Kingreen

Das Erstarken antidemokratischer Bewegungen und Parteien bedroht die freiheitlich-demokratische Grundordnung, in der wir le-
ben. Die großen Demonstrationen Anfang des Jahres für Demokratie und Vielfalt haben Hoffnungen geweckt, dass es eine stille Mehrheit von Menschen gibt, die sich für Demokratie einsetzen und sie verteidigen. Doch worin wurzelt eigentlich die Überzeugung, dass die Demokratie die beste aller möglichen Staatsformen ist? Welche historischen Entwicklungen haben dazu geführt?

An diesem Abend spricht Pfarrerin Dr. Sarah-Magdalena Kingreen mit Prof. Dr. Paul Nolte, Historiker und Publizist, über die Wurzeln der Demokratie, ihre derzeitige Gefährdungen – und ihre Chancen in der Zukunft.

Anpassung oder Opposition: Die Haltung der Bekennenden Kirche während der NS-Zeit in der Kaiser-Wilhelm-Gedächtnis-Kirche und der Dahlemer Gemeinde

Pfarrerin Dr. Cornelia Kulawik im Gespräch mit Pfarrerin Dr. Sarah-Magdalena Kingreen, 12.03.2024

Zwei Legenden, zwei Wahrheiten: Die Gründung des Pfarrernotbundes, der später in die Bekennende Kirche übergeht, wurde in der Küche des Martin-Niemöller-Hauses in Berlin-Dahlem gegründet. Oder: Die Gründung desselben Bundes geschah in der Wohnung des Pfarrers Gerhard Jacobi im Gemeindehaus der Gedächtniskirche.

Klar ist: In beiden Gemeinden pulsierte auch das Herz der Bekennenden Kirche, die sich gegen die Anpassung auch des evangelischen Glaubens durch die Deutschen Christen wehrte.

Das Podium zur Erinnerungskultur spürte an diesem Abend dem Ringen in diesen beiden Gemeinden zu Beginn der 30er Jahre des letzten Jahrhunderts nach. Zwei der Haupt-Protagonisten damals, Pfarrer Gerhard Jacobi und Pfarrer Martin Niemöller, wurden besonders erinnert, und das Nachwirken bis in die heutigen Gemeinden hinein bedacht.

„Auf den Punkt, welche Botschaft richten historische Bauwerke an uns, Frau Kahlfeldt?“

Prof. Petra Kahlfeldt, 21.11.2023

Bauwerke prägen unser Stadterleben. Ihre Architektur richtet ihre Botschaft an uns. Und die Ästhetik der Bauten verbinden verschiedenen Generationen durch die Zeiten hindurch. Die Kaiser-Wilhelm-Gedächtnis-Kirche in Berlin ist einmalig in ihrer heutigen, die Ruine des Alten Turm integrierenden Architektur. Wie und was erinnern wir anhand von Monumenten? Was sprechen die Stadtbilder durch die Zeiten hindurch für eine Botschaft? Wie soll mit zerstörten Gebäuden umgegangen werden? Und welche Berechtigung hat der Neohistorismus? Kann das Gebäude-Ensemble auf dem Breitscheidplatz uns Impulse dafür geben?

Im Gespräch mit Senatsbaudirektorin und Staatssekretärin für Stadtentwicklung Prof. Petra Kahlfeldt ging es darum, wie Gebäude in die Stadt hinein kommunizieren und auf ihre Art erinnern.

„Auf den Punkt. Gibt es das Ende der Geschichte, Herr Markschies?“

Prof. Dr. Dr. h.c. Christoph Markschies, 05.09.2023

Spätestens seit der Aufklärung bestimmt der Fortschrittsgedanke den Blick auf die Welt. Im Christentum warten wir auf die Wiederkunft Jesu Christi als Erfüllung und Endpunkt der Geschichte. Ist das das Ende der Geschichte? Inwieweit prägt diese Erwartung unser historisches Denken und Handeln? Leben Christen gar in einer anderen, mit Enddatum versehenen Zeitrechnung?

Im Gespräch mit dem Theologen, Historiker und Akademiepräsidenten der Brandenburgisch-Preußischen Akademie der Wissenschaften Prof. Dr. Dr. h.c. Christoph Markschies wurden die Thesen von Francis Fukuyama diskutiert und danach gefragt, welche christlichen Überzeugungen möglicherweise anders affizieren.

„Auf den Punkt. Wie gehen wir mit Menschen unserer Vergangenheit um, Herr Ziemann?“

Prof. Dr. Benjamin Ziemann (Sheffield), 06.06.2023

Geschichte wird von Menschen geschrieben und gestaltet. Herausragende Kirchenmänner haben sich in der Zeit des Nationalsozialismus für ihre Kirche eingesetzt. Sie sind als Menschen, die im Widerstand waren und dort ihr Leben lassen mussten, als Gestalter und theologische Denker in die Geschichtsbücher eingegangen. Ihre Namen sind aus der Geschichte der Kirche nicht mehr wegzudenken; prägend haben Dietrich Bonhoeffer oder der Gründer des Pfarrernotbundes Martin Niemöller, der Pfarrer der Gedächtniskirche und spätere Bischof Gerhard Jacobi, aber auch Bischof Otto Dibelius gewirkt. Doch auch sie bringen biographische Prägungen mit, sind verankert im kaiserzeitlichen Denken oder verfassten antijudaistische Gedanken.

Wie können wir mit prägenden und gleichzeitig ambivalenten Personen unserer Geschichte umgehen? Dies war Thema des zweiten Abends beim Podium zur Erinnerungskultur mit dem Niemöller-Biographen und Historiker der Universität Sheffield Prof. Dr. Benjamin Ziemann.

„Wie gehen wir mit unserer Geschichte um, Frau Assmann?“

Prof. Dr. Dr. h.c. Aleida Assmann, 07.03.2023

Zum Auftakt der neuen Reihe war am 7. März 2023 Prof. Dr. Dr. h.c. Aleida Assmann zu Gast. Aleida Assmann ist eine der renommiertesten und sprachgewandtesten Professorinnen, die gemeinsam mit ihrem Mann Jan Assmann wesentliche Impulse für das Thema Erinnerungs- und Gedächtniskultur im deutschsprachigen Raum gegeben hat.

Assmann bezeichnet sich selbst als „Zeitzeugin“ der Wende hin zur Erinnerungskultur. Mit dem Trauma-Begriff und den Kategorien von Täter und Opfer statt Sieger und Verlierer wurde ein Pfad in die Vergangenheit geöffnet. Seitdem kann diese die kollektive Identität auch bestimmende Zeit vielfältig erinnert werden. Aleida Assmann hat die Vielschichtigkeit von Geschichte, die in der Kaiser-Wilhelm-Gedächtnis-Kirche sichtbar wird, hervorgehoben. Die Kaiser-Wilhelm-Gedächtnis-Kirche ist ein aufregender Geschichtsort, der deutsche Geschichte lernen lässt.

Am 19. Juli 2023 war Aleida Assmann erneut zu Gast in der Kaiser-Wilhelm-Gedächtniskirche. In ihrem Vortrag ging sie dem erinnerungskulturellen Umgang mit dem Zeugnis von den Hohenzollern und dessen Impulse für uns heute nach.

Einen Text von Aleida Assmann zum Ruinenturm der Gedächtniskirche finden Sie in der KWG Zeitschrift, 2. Ausgabe 2023.